Ein Foto zeigt uns niemals die Realität

 

Ich höre und lese immer wieder Sätze wie: „Einem Foto glaubt man, einem Gemälde nicht“. Viele Menschen vertreten die Meinung ein Foto zeigt präzise was als Lichtreflexion auf den Sensor trifft. Ein Foto sei nüchtern durch die reale Wiedergabe der Szene. Dagegen steht ein Gemälde, der Maler arbeitet künstlerisch und intuitiv. Seine Werke wären eine eigene Interpretation der Wirklichkeit, er kann manipulieren. Das Foto hingegen würde nur zeigen wie etwas ist.

Dieser Ansicht möchte ich hier ganz einfach mal widersprechen.


Ein Foto zeigt eben nicht „wie“ etwas ist, sondern „wie“ ein Fotograf es zeigen möchte. Jeder Fotograf interpretiert eine Szene oder eine Landschaft die er ablichten will, nach seinen eigenen Vorstellungen. Realität ist ein sehr abstrakter Begriff, denn nicht alles was wir sehen und wie wir es sehen ist real. Zum Beispiel erkennen wir die Sterne am Himmel als hell leuchtende Punkte, was aber nur eine Momentaufnahme unseres Gehirns wiederspiegelt. Belichten wir jedoch den Sternenhimmel mit einer geeigneten Kamera schon länger als 30 Sekunden, können wir bereits die sogenannten Sternenspuren erkennen, die durch die Erdrotation entstehen. Das ist ebenso real bzw. surreal wie der Sternenhimmel, den wir mit dem menschlichen Auge sehen können.


Fazit:

Der Fotograf kann seine Werke also doch beeinflussen und künstlerisch, intuitiv arbeiten. Ein Foto zeigt niemals das Ganze, sondern nur einen Ausschnitt aus einer bestimmten Perspektive und ist immer eine Momentaufnahme, mal länger mal kürzer belichtet, es ist eine Manipulation der Wirklichkeit, es ist nicht nüchtern und es zeigt nicht exakt die Realität.


Genau das fasziniert mich an der der Fotografie immer wieder aufs Neue, eine Szene so darzustellen wie sie in unserer Realität niemals sichtbar ist. Mir hat mal ein Fotograf gesagt, wir müssen die Welt schöner fotografieren, als sie in Wirklichkeit ist. Bei meinen Fotoarbeiten denke ich häufig daran.

Das folgende Foto zeigt einen kleinen Ausschnitt des Sternenhimmels mit dem Polarstern im Mittelpunkt, er steht im Norden in der Verlängerung zur Erdachse, um ihn drehen sich alle anderen Sterne. Bei einer Langzeitbelichtung von 20 Minuten entsteht folgendes Foto, was auf uns schon surreal wirkt.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Bernd V. (Sonntag, 27 April 2014 14:34)

    Ein interessantes Thema mit dem man Bücher füllen kann. Ein Foto gilt in der heutigen Zeit gegenüber einem Gemälde als objektiv, als Zeitdokument oder auch als ein Spiegel der Wirklichkeit. Nur was auf einem Foto sichtbar ist existiert auch. Ein Foto wird nicht selten zur Beweisführung genutzt, daher wird einem Foto mehr geglaubt als einem Gemälde, welches in erster Linie durch die Kreativität und Intuition des Künstlers entsteht, dabei ist das Motiv zweitrangig. Das ist auch der Unterschied zur Fotografie, denn hier spielt das Motiv die Hauptrolle und der Fotograf interpretiert und gestaltet es nach eigenen Vorstellungen. Er legt den Bildschnitt, Bildgestaltung, Perspektive, Belichtung und somit die Bildwirkung nach eigenem Ermessen und Geschmack fest, hinzu kommt häufig die nachträgliche Bildbearbeitung. Daher kann ein Foto niemals Objektivität besitzen bzw. der Realität entsprechen. Die Bildauswahl bzw. das Motiv mit den Sternenspuren ist hier ein gutes Beispiel.
    Viele Grüße, Bernd

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